Gastkolumne von Christiane Gorius- Im Klassenzimmer der Liebe hat Angst keine Chance

Christiane Gorius
Foto aus eigenem Bestand
                                                            

Wir kommen auf die Welt und merken schnell, dass hier nicht alles so ideal ist, wie wir es gerne hätten. Die anderen Kids haben vielleicht reichere Eltern? Und überhaupt, eventuell werden sie mehr gefördert und geliebt? Als Kind merken wir früh, was uns fehlt. Aber wir finden uns damit ab. Außerdem gibt es Erwachsene, die uns sagen, dass wir viel erreichen können, wenn wir gute Noten nach Hause bringen, ein gutes Examen und später dann eine geile Karriere hinlegen. Jaja, ohne Fleiß kein Preis. 

Wir wurschteln uns durch und verfolgen hehre Ziele, um Träume zu verwirklichen. So überwinden wir Hürden, Barrieren und Ängste. Schließlich wachsen wir über uns selbst hinaus. Euphorisch feiern wir Erfolge, verlieben uns und freuen uns am Sein. 

Das Leben geizt selten mit seinen Reizen und Frustrationen. 

Haben wir einige Jahre auf dem Buckel, so gewiss auch einige Narben an der Seele. Gelebtes Leben hinterlässt Spuren. Und immer gibt es Situationen, die uns in emotionale Wechselbäder schleudern. Nichts ist von Dauer und all die schönen Dinge, die wir uns hart erarbeiten, müssen wir irgendwann zurück in die Spielzeugkiste legen, wenn die Party vorbei ist. 

Auf dem Lehrplan der Lebensschule gibt es eine Lektion, die unumgänglich ist. Sie heißt LOSLASSEN und ist zuweilen schwerer als Mathe. Mit reiner Logik kriegen wir sie nicht in den Griff. Tja, und gute Noten helfen plötzlich nicht mehr weiter. 

Dabei fällt mir ein, dass LOSLASSEN ein spannendes Schulfach für uns alle ist. Ein Fach, für das es keine Noten gibt, weil es um Angst und Liebe geht. Wahrscheinlich wären die Erstklässler darin besonders gut, denn sie beherrschen meisterhaft die Kunst der Selbstvergessenheit im Spiel. Genau dieser Zustand des Flow geht mit dem Erwachsenwerden oft verloren. Wir werden auf Leistung getrimmt. 

Aber im Klassenzimmer des LOSLASSENS spielt Lernfreude die Hauptrolle. Ohne sie können wir seelisch nicht gesund bleiben. Die Seele ist der Gesellschaft egal. Erst wenn wir zermürbt, frustriert und depressiv werden, fällt uns auf, dass das seelische Wohlbefinden wichtig ist. Manch einer ist dann bereits so fertig, ausgelaugt und kaputt, dass er keinen Zugang mehr zur Lebensfreude gewinnt. In diesem Zustand regiert nackte Angst. 

Wenn das Leben von Panik dominiert wird, ist kein Platz frei für Freu(n)de und Liebe. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass ein solches Dasein vergeigt wurde und sinnlos ist. Doch hat nicht jeder eine zweite Chance? Wenn wir LOSLASSEN kultivieren, so lassen wir das Ego los. Je mehr uns dieser Prozess gelingt, desto mehr schwindet die Lebensangst. 

Wer seine Angst ehrlich betrachtet, der löst sie auf, indem er sie überwindet. Das Ego wird kleiner, wenn man sich liebevoll der Dankbarkeit zuwendet. Das kann mit Trauer einhergehen. Tränen können befreien. Im Zustand der Dankbarkeit keimt Lebensfreude auf. Die Freude ist die Gesundheit der Seele.

Ignatius von Loyola sagte: "Das Gewicht der Seele ist die Liebe."

Kurzum wir sollten der Seele mehr Gewicht geben. Denn ihr Gewicht ist Liebe und in ihrer Essenz existiert keinerlei Angst. Am besten konzentrieren wir uns ganz auf die universelle Kraft der Liebe. Dann bleibt die Schule des Lebens auf jeden Fall sexy.

Christiane Gorius

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