Gastkolumne: 14.07.2024 Variante 1 Frieden jetzt

Dr. Harald Braun (links); 
Alfred Harnischferger (rechts)

Foto: Helga König


Zu den heutigen Gastkolumnisten: 

Dr. Harald Braun, 

Paliativarzt, stellvertrenden Vorsitzender der Stiftung Hospiz Groß-Gerau, mehr als 50 Jahre SPD Mitglied 

Alfred Harnischfeger, Direktor einer Gesamtschule a.D.,
ehemaliger Vorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW-Hessen, über 50 Jahre SPD Mitglied




Das hatten wir doch alles schon einmal. Damals nannten Historiker das ungeheure Wettrüsten einen ‚kalten Krieg‘. Als es Ende der 70er Jahre zu Spannungen zwischen dem Westen und dem Osten kam, dominierte nicht die Politik, sondern das Wettrüsten. Die Antwort war der sogenannte NATO-Doppelbeschluss. 

Legitimiert wurde die Aufstellung neuer atomarer Raketen und Marschflugkörper mit Pershing II und BGM-109-Tomahawk in Westeuropa als unabweisbare Reaktion auf die sowjetische Aufrüstung. Das strategische Gleichgewicht sollte wieder hergestellt werden. Die Entspannungsphase um mehr Frieden in der Welt war endgültig beendet. 

Heute übersteigen die Rüstungsausgaben der NATO die Rüstungsausgaben Russlands um knapp das Dreizehnfache. Laut Stockholms internationalem Friedensforschungsinstitut (SIPRI) vom 22.4.2024: Fast 1,3 Billionen US-Dollar für die NATO stehen ca.110 Milliarden Dollar für Russland gegenüber.

Die jüngste Entscheidung des NATO-Gipfels, weiter aufzurüsten und in Deutschland neue Marschflugkörper mit einer Reichweite bis nach Moskau zu installieren, wird mit der gleichen Begründung wie damals, also wieder zur Abschreckung Russlands, gerechtfertigt. Ende der 70er Jahre gingen wir über politische, gesellschaftliche und konfessionelle Grenzen hinweg zu Hundertausenden auf die Straße und protestierten gegen diese atomare Aufrüstung. Die CDU/FDP Regierung bestätigte dennoch die Stationierung der Mittelstreckenwaffen. Nun werden wohl auch die Sozialdemokraten dem neuerlichen NATO-Vorhaben der Stationierung von Langstreckenraketen in Deutschland zustimmen und Wiesbaden zur Kommandozentrale für einen möglichen Atomkrieg zulassen. Werden wir dazu gefragt, wollen wir das? 

Wir können einen solchen Beschluss nicht mittragen.

Wegen der Friedenspolitik Willi Brandts sind wir in die SPD eingetreten. Wir sind die erste Generation, die im Frieden groß geworden ist. Wir, unsere Kinder und Enkelkinder sollen auch dazu gehören und im Frieden groß werden dürfen. Noch nie in der Menschheitsgeschichte haben mehr Waffen zu mehr Frieden geführt. Und ja, es ist angesichts der zunehmenden autoritären Regierungen und Bewegungen vielleicht nötig, Deutschland wieder verteidigungsfähig zu machen. Dazu hat Bundeskanzler Scholz die Zeitenwende ausgerufen. Auch das haben wir zähneknirschend mitgetragen. 
 
Wegen der Friedenspolitik Willi Brandts sind wir in die SPD eingetreten. Wir sind die erste Generation, die im Frieden groß geworden ist. Wir, unsere Kinder und Enkelkinder sollen auch dazu gehören und im Frieden groß werden dürfen. Noch nie in der Menschheitsgeschichte haben mehr Waffen zu mehr Frieden geführt. 

Und ja, es ist angesichts der zunehmenden autoritären Regierungen und Bewegungen vielleicht nötig, Deutschland wieder verteidigungsfähig zu machen. Dazu hat Bundeskanzler Scholz die Zeitenwende ausgerufen. Auch das haben wir zähneknirschend mitgetragen. Um es klarzustellen, wir sind keine Putin Versteher. Putins Aggressionen gegen die Ukraine, sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit und man muss ihn dafür zur Rechenschaft ziehen. Aber nun wieder die Installierung von atomar bestückbaren Marschflugkörper mit einer Reichweite bis nach Moskau auf deutschem Boden und wieder unter dem Kommando der USA, womöglich mit einem dementen Oberbefehlshaber Joe Biden oder einem rechtlich verurteilten notorischen Lügner und unberechenbaren US-Präsidenten Trump, das wollen wir nicht. 

Was damals galt ist heute auch noch richtig. Nur auf dem Wege der Verhandlungen kann Frieden geschaffen werden, das gilt auch und jetzt besonders für die Ukraine. Solange der ukrainische Präsident bei seinem Kriegsziel, jeden Zentimeter seines besetzten Landes mit Waffen (die er gar nicht hat) zurückzuholen, wird es keinen Frieden geben. Die Massendemonstrationen von damals haben den Nato-Doppelbeschluss nicht verhindern können, aber ohne sie wäre der spätere Vorschlag einer weltweiten Null-Lösung bei den weitreichenden Waffensystemen nicht zu Stande gekommen. Es waren die Aktiven der Friedensbewegung, die auch die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der NATO demokratisierten. Die SPD war immer Teil dieser Bewegungen und mit den neuen Grünen drang die Friedensbewegung tief in den parlamentarischen Raum vor. 

Das ist unser Weg, den wir wieder durchsetzen wollen. Krieg darf kein Mittel der Politik sein. 

Europa braucht existenziell den Frieden- Die USA brauchen ein schwaches Russland. 

 Alfred Harnischfeger,   Dr. Harald Braun

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