Gastkolumne Arno von Rosen: Der fette Augenblick

 Erdölindustrie
Zuerst müssen wir mal ein paar Zeiten festhalten, ohne die kein wirkliches Verständnis für uns Menschen möglich ist. Wir kennen solche Begriffe wie, Kreide-, Jura-, Trias- oder Permzeit (wer sich noch an seine Schulzeit erinnern kann). Dies sind nur Bezeichnungen für Systeme, eine kleine Unterteilung für die tatsächlichen Zeitalter, die hunderte von Millionen Jahren gedauert haben. Derzeit leben wir im Hadaikum, welches seit 600 Millionen Jahren anhält und sicher auch noch so lange besteht, wie es uns Menschen auf der Erde gibt. Danach sind die Einteilungen natürlich überflüssig. Wir selber kennen uns besser mit Bronze- und Eisenzeit aus. Tatsächlich gibt es jetzt erste Vorstösse ein neues Zeitalter auszuschreiben. Das Anthropozän = Zeitalter des Menschen. Warum? Nie hat der Mensch mehr den Planeten verändert als derzeit und zudem ist Eisen/ Stahl auf dem absteigenden Ast, was unsere verwendeten Materialien betrifft, denn wir lieben und leben im Kunstoffzeitalter. Damit meine ich nicht Plastiktüten, die unsere Weltmeere zu Müllhalden gemacht haben und unsere Meeresböden mit Teppichen übersäen, sondern den normalen Alltag von Verpackungen, bis hin zur Bekleidung aus Einwegflaschen. Nehmen wir den Kunststoff aus unserem Leben, stehen wir buchstäblich fast nackt da.

 Grüne Spur
Nun gibt es rund um das Thema Erdöl und anderer fossiler Bodenschätze unterschiedliche Meinungen, wie lange diese Vorräte halten. BP, zum Beispiel, sagt voraus, dass selbst im Jahre 2050 Erdöl in großen Mengen vorhanden sein wird (Quelle: Welt und Süddeutsche) und das kann sogar stimmen, obwohl renommierte Zeitungen so ihre Zweifel, ob der Uneigennützigkeit diese Mitteilung haben, aber die Technologie schreitet rasant voran, sodass die Erdölförderung, die in den USA ab den 1970ern zurück ging, seit 2009 wieder um über 60 Prozent gestiegen ist. Es lässt sich nur vermuten wie lange wir über all diese Ressourcen verfügen, aber sagen wir einfach mal 200 Jahre, okay? Wäre doch noch ganz schön lange und keiner müsste auf sein heißgeliebtes Auto oder die wunderbaren Flugreisen verzichten, nicht wahr? Also wir auf jeden Fall nicht, denn in etwa 25 Jahren stecke ich in einer Urne und was jucken mich dann noch Bodenschätze! Dann kann der Meeresspiegel ruhig ansteigen (dies ist übrigens auch nur eine Teilwahrheit, denn viele Inseln versinken im Meer, weil der Bausand auf der Welt knapp wird und jetzt schon am Meeresgrund abgeschöpft werden muss, um all die wahnwitzigen Wolkenkratzer zu bauen). der Planet darf sich erwärmen und die Tiere dürfen ungeniert den Planeten voll furzen.

 Konsumtempel
Leider funktioniert unser Ökosystem so nicht, denn es hat weder lineare Entwicklungen, noch bemerkt es schnell unsere Bemühungen, denn Öl, Kohle & Co. haben mehr als 100 Millionen Jahre benötigt, um zu unseren Rohstoffen zu werden (in dieser Zeit sind umweltbelastende Stoffe darin gebunden worden und haben Leben im großen Stil erst möglich gemacht) und wenn man bedenkt, dass die Industrialisierung erst um 1750 in England begonnen hat und in riesigen Erdteilen wie Asien und Südamerika erst um 1950, kann man das Ausmaß unseres Verhaltens langsam begreifen. Seit dem 16. Jahrhundert haben wir fast die Hälfte des weltweiten Waldes von 6,2 Milliarden Quadratkilometern auf etwa 3,5 Milliarden abgeholzt und jährlich verschwinden weitere 130.000 Quadratkilometer (mehr als Österreich und Schweiz zusammen). Zunächst für den Schiffsbau, Häuser oder als Brennholz und später Papier, Möbel und vieles mehr. Die reichsten Familien der USA wie, Vanderbils & Co. begründen ihren Reichtum auf Holzverarbeitung. So verwundert es nicht, dass in den USA 70 Prozent des einstiegen Waldes gerodet wurde und viele Gegenden zu Wüsten werden oder heillose Überschwemungen ganze Landstriche heimsuchen. 

 Waldrodung
Irland ist bekannt als die grüne Insel und dies ist sie schon sehr lange. Zwar standen dort früher überwiegend Bäume und heute nur noch Weideflächen für die Viehhaltung, damit wir subventioniertes Fleisch und Butter von da beziehen dürfen, aber dieses Grün verschwindet spätestens, wenn der Golfstrom abbricht oder sich stark verlangsamt, denn er bestimmt unser mildes Klima in Europa und sorgt für den Austausch von Nährstoffen für den Fischreichtum (leider nicht mehr so reich, durch grenzenlose Überfischung), denn sonst hätten wir mindestens 6 Monate tiefsten Winter pro Jahr. Um den ganzen Planeten zirkulieren Meeresströmungen, die nicht nur von Meerestieren für ihre Wanderungen benutzt werden, sondern bereits von Entdeckern per Schiff genutzt wurden, um neue Länder und Handelsrouten zu erschließen. Sie merken schon, es geht im großen und ganzen um Geld und den gegenseitigen Verkauf von Gütern über Länder und Ozeane hinweg. Die Globalisierung begann also schon mit den alten Phöniziern und ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts, wie uns Politiker gerne weiss machen wollen.

 Weltweit abschmelzende Gletscher
Wie können Sie oder ich persönlich unsere Erde schützen und wieder in den Urzustand zurück versetzen, zumindest ansatzweise? Gar nicht, leider. Ich schreibe es nicht so drastisch, um Effekthascherei zu betreiben, sondern weil unsere Natur so nicht funktioniert. Ein Ökosystem, welches in knapp 300 Jahren Ressourcen aus etwa 50 Millionen Jahren verbraucht (sehr wohlwollende Angabe), kann nicht in 20, 50 oder 100 Jahren wieder repariert werden. Nicht nur, weil die schädlichen Stoffe in der Atmosphäre sich nicht abbauen (von selbst oder künstlich) oder weil wir genauso viel Dreck in die Umwelt pusten wie immer, sondern weil die Eingriffe in unsere Natur unumkehrbar sind. Tiere und Pflanzen, welche täglich aussterben und dies mit einer dreimal höheren Rate als jemals zuvor, fehlen, um ein Gleichgewicht zu erhalten. So entstehen Wüsten, Missernten (sehen wir bereits bei uns selbst), Wetterkatastrophen, Hungersnöte, verseuchte Meere und Ländereien oder Luft, die uns im wahrsten Sinne des Wortes den Atem nimmt. Dabei rede ich noch nicht einmal von den normalen Zyklen unseres blauen Schmuckstückes wie, Erd- oder Seebeben, Meteoriteneinschläge und eigene Klimaverschiebungen, die selbstverständlich auf unserem noch sehr aktiven Planeten zu seinem Alltag gehören, denn wir sind nur ein Blinzeln im Auge der Zeit, welche eine ungeheure Vielfalt und Entwicklungsmöglichkeit für uns geboten hat. Wir haben also ein Ungleichgewicht und dieses kippt nicht langsam, wie Sie jetzt eventuell denken könnten, sondern es bricht ab. Wir sollten also spätestens vorgestern damit beginnen unsere Pflanzen so zu verändern, dass diese sich selbst bestäuben, sonst bleiben die Regale in den Supermärkten irgendwann in naher Zukunft ziemlich leer.

 Arno von Rosen
Sie sollten sich aber nicht grämen oder gar in Panik verfallen, denn Sie gehören zu den privilegierten Lebewesen, welche diese reiche Zeit wie ein Füllhorn über sich ausgeschüttet sahen. Obst, woher Sie wollen, Fahrzeuge für jedes Familienmitglied, Reisen wohin uns der Sinn steht, immer die neueste Technik, mehr Freizeit, größtes Angebot jemals an Aktivitäten und so lange leben, wie keine Generation zuvor. Dies alles wird solange von Wirtschaft und Politik aufrecht erhalten, wie überhaupt möglich, denn der Mensch ist nur einigermaßen friedlich, wenn er beschäftigt wird/ ist oder abgelenkt, so wie derzeit. Das ist überhaupt kein Vorwurf an irgendjemand unter Ihnen, denn ich bin genauso verschwenderisch wie jeder andere in Industrieländern. Meine Lebensmittel stammen nicht von um die Ecke (das meiste Bio ist sowieso ein Schwindel), ich sitze an einem modernen PC, sehe auf einer riesigen Glotze fern, da spielt der Sender fast keine Rolle mehr und die Welt sehen möchte ich ebenfalls. Nur meine Flugangst hält mich von mehr Zerstörung ab. Was machen da schon weggelassene Plastiktüten aus, nur ein Fahrzeug in der Familie, bisschen Bio, laufen wenn es geht, Klamotten aus nachwachsenden Rohstoffen? Nix, ganz ehrlich. Selbst, wenn wir in Europa ab morgen alle umschwenken (Utopia lässt grüßen), wird es die nächsten 150 Jahre erst einmal viel schlimmer, bevor wir Stillstand erreichen und da haben wir die eigene Pläne des Planeten nicht berücksichtigt. Die Zerstörung einer ganzen Region oder Großstadt auf der Welt, durch eine Naturkatastrophe stürzt unsere Gesellschaft in eine nie gekannte Gewaltspirale, denn Wirtschaftsverlust bedeutet Arbeitsplatzverlust, bedeutet Armut, Hunger, sozialer Abstieg, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt bis hin zum Krieg. Das dieses keine Spinnerei ist, sehen wir an nicht mal 1 Million Flüchtlinge, die uns rechte Parteien bescheren und ein nicht gekanntes Maß an Fremdenhass, bei allen negativen Begleiterscheinungen, die eine solche Situation mit sich bringt. Wir sind nur scheinzivilisiert und jeder Urinstinkt in uns wird nach dem eigenen Überleben schreien, ob wir dies wahrhaben wollen oder nicht.

Mein heutiges Zitat stammt von Oscar Wilde (1854-1900, Oscar Fingal O’Flahertie Wills Wilde) Irischer Schriftsteller. "Der Mensch ist vielerlei, aber vernünftig ist er nicht." 

Es grüßt Sie Ihr überflüssiger Arno von Rosen, bloggt zu viel, schreibt zu viel, kocht zu viel und fotografiert zu viel. Zum Glück denke ich auch zu viel, sonst wäre mein Leben für die Erde nur erbärmlich. Bleiben Sie tapfer, fröhlich, geduldig und wenn Ihnen der Sinn danach steht, tun Sie unserem Planeten etwas Gutes.


Foto: aus dem Bestand von Arno von Rosen



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