Gastkolumne: Doris Zeidlewitz: „ICH ERKENNE DICH IN MIR“

 Doris Zeidlewitz
Seit einem ¾ Jahr arbeite ich erneut an einem Bild-Zyklus zur Thematik des "Schattens". 2009 habe ich mich bildnerisch das erste Mal in meinem Gemälde "Schattenschwestern" mit diesem Thema auseinandergesetzt. Die Thematik des Schattens nimmt an Brisanz zu und es ist mir ein Anliegen,  über meine Kunst den Menschen damit in Berührung zu bringen.

Eines der drei Bilder aus dieser Serie trägt den Titel "Ich erkenne Dich in mir." Eine unbekleidete Frau schaut in einen Spiegel und sieht in diesem Spiegel nicht ihr Gesicht, sondern das Gesicht einer Muslimin. Im Hintergrund des Bildes eine Schattengestalt. Über dem gesamten Gemälde liegt die Silhouette eines Wolfes. Die Szene spielt sich in einem Badezimmer ab, dem Ort, an dem wir nackt sind, an dem Reinigung stattfindet.

Graf Dürkheim, ein großer Lehrer des Zen hat gesagt:" Menschen sind göttlich und teuflisch zugleich,- Wesen doppelten Ursprungs." Das Verhasste, das uns Fremde, das, was wir zutiefst ablehnen, läßt auf das Schattenthema schließen. 

Für den eigenen Schatten sind wir blind. Wir attackieren und verurteilen den Verbrecher, den Ausländer, den Korrupten, den Mächtigen usw. Den Schuldigen finden wir somit immer außerhalb von uns und bleiben als das "Opfer" und der "Gutmensch" zurück. Dabei wissen wir nicht, dass alle Möglichkeiten auch in uns liegen,-das Bestialische ebenso wie das Gute und Lichtvolle. Es muß uns ins Bewußtsein dringen, daß alle Aspekte des Menschseins zu uns gehören, denn in jedem Einzelnen von uns "ruht die ganze Welt".

Das "Liebe Deine Feinde" fängt in jedem einzelnen Menschen an. Es ist ein Appell damit aufzuhören, die dunklen Seiten, die Schattenseiten in uns zu unterdrücken und nicht sehen zu wollen und sie somit ins Außen zu projizieren und sie dort zu bekämpfen.

Wie anfangs erwähnt, habe ich über das gesamte Gemälde die Silhouette eines heulenden Wolfes gelegt. Ich habe den Wolf gewählt, da er in seiner Sippe ein großes Bedürfnis nach Liebe und Zusammengehörigkeit zeigt. Er besitzt großen Familiensinn und ist ausgestattet mit einer starken Persönlichkeit. Wir können von Tieren lernen und ein sicheres Wissen mit ihnen teilen. Sie zeigen uns vor allen Dingen auch, Angst in Vertrauen zu transformieren. Und die Konfrontation mit unserem Schatten macht vor allen Dingen Angst.

Letztendlich geht es darum, daß wir Verantwortung übernehmen für das Gute und auch das Böse in uns und hierbei ist auch sicherlich ein gründlicher Weg der Selbsterkenntnis nicht zu umgehen. Der Mensch soll nicht nur lichtvoll, liebevoll um jeden Preis sein, wie es manche Esoteriker zelebrieren. Nein, er soll vor allen Dingen authentisch sein, selbstbestimmt und schöpferisch. Der äußere Krieg findet zuerst immer in uns selber statt und so ist eben auch der innere Frieden eine bedingungslose Voraussetzung für den äußeren Frieden. Dabei geht es nicht darum, den Schatten gänzlich auszulöschen, denn das wird dem Menschen nicht gelingen. 

Wo Licht ist, wird auch immer Schatten sein. Es geht um das Erkennen des eigenen Schattens und seiner Akzeptanz und um das Gelingen mit dem Dunklen in uns verantwortungsbewußt umzugehen. Darin liegt auch unsere Chance ein Stück vollkommener zu werden, toleranter allem Fremden gegenüber, lebendiger und menschlicher.

Doris Zeidlewitz

Hier der Link zum Interview mit Doris Zeidlewitz:


Hier der Link zur Website der Künstlerin: http://www.zeidlewitz.de/

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