Gastkolumne von Rainer Henes, 28.4.2013

 Rainer Henes
Kurz nachdem die Steueroasen Schlagzeilen machten, sind die Wogen zum Thema Steuerehrlichkeit wieder hochgeschlagen. Ein prominenter, vermutlicher Steuersünder hat sich selbst angezeigt, und es ist schon interessant, was hier passiert ist. 

Zunächst erfährt die Öffentlichkeit über eine Selbstanzeige. Ob das rechtens ist, weiß ich nicht, aber es ist vielleicht gut so. Dann wird die Sache natürlich politisch ausgeschlachtet. Dies kann man verstehen, aber nicht unbedingt begrüssen. Besonders interessant ist jedoch die vollkommene Abwesenheit von Kommentaren zur allgemeinen Steuermoral, von Vorschlägen zur Verbesserung und von Vergleichen mit anderen Staaten um eine sachliche Bewertung vorzunehmen. Also, wie sieht es mit der Steuermoral aus ?

 Diejenigen die eigene Steuerklärungen abgeben, kennen die Versuchung durch 'Kreativität' die Steuer zu senken. Wie viele dieser Versuchung erliegen,  entzieht sich meiner Kenntnis, aber es werden nicht wenige sein. Diejenigen die Bareinnahmen haben, und das sind natürlich Geschäfte, Restaurants, Bars, Künstler, Trainer, Handwerker, Taxifahrer, u.s.w. kennen diese Versuchung täglich, und ich gehe davon aus, dass viele ihr erliegen. Dann gibt es diejenigen die einen Teil ihrer Leistungen in bar kassieren...und das sind auch nicht wenige, je nach Branche. Und dann gibt es noch Bewirtungsbelege....und so weiter.... Und Steuerehrlichkeit ist ja nur ein Teil der Ehrlichkeit gegenüber dem Staat, gegenüber Arbeitgebern, gegenüber Kassen und Versicherungen. 

Was ist mit all denen, die das Sozialsystem betrügen, die krank feiern, die Versicherungsansprüche manipulieren ? Sie alle gehören in die selbe Kategorie von Menschen,  die solche Verfehlungen entweder als Kavaliersdelikt ansehen, es irgendwie anders rechtfertigen, z.B  dass der Staat erst einmal selber sparen soll, oder die einfach Betrüger sind. Was hier herausgestellt werden soll,  ist ein allgemeiner Mangel an Moral, der aber leider nie angeprangert, analysiert und angegangen wird.

Sind alle Deutschen unehrlich und unmoralisch ? Sicher nicht, aber auch nicht wenige. 

Und weshalb sind die Menschen bei der Steuer weniger ehrlich als in anderen Bereichen? Das hat sicher sehr viel mit einem Staat zu tun,  der selbst kein Vorbild ist, der Verstöße seiner Politiker, seiner Länder und Kommunen nicht ahndet, oder hat man schon mal auf Grund des jährlichen Berichts des Bunderrechnungshofes, wo immer Verstöße in zweistelliger Milliardenhöhe festgestellt werden, einen Aktionsplan der Regierung gesehen der Verstöße ahndet und Pläne für eine nachhaltige Reduzierung der Fehlausgaben beinhaltet ?

Es ist auch ein Staat,  in dem Politiker und Interessenvertreter, die offensichtlich Steuergelder für Prestigeprojekte verschleuderten, oder Kostenprojektionen für Großprojekte bewusst verschönerten, keine Verantwortung durch Rücktritte übernehmen und auch in der Presse glimpflich davonkommen. Es ist ein Staat,  der eine schlechte Ethik und Moral wohl akzeptiert hat, und der nicht versteht, dass seine Bürger einem solchen Staat Steuern entziehen und das für akzeptabel halten, obwohl es das natürlich auch nicht ist. 

Kann man die Ehrlichkeit, die Moral verbessern ?

Meiner Ansicht nach ja, mit Geduld und mit einer glasklaren Vision. Gesellschaftliche Normen kann man ändern, wie wir es im Umweltschutz so positiv erlebt haben. Vor 40 Jahren hat man ohne Bedenken altes Öl in die Kanalisation geschüttet. Das macht man heute nicht mehr, da man ein schlechtes Gewissen hätte. Man ist heute doch weitgehend davon überzeugt, dass man den Aufwand der Trennung des Abfalls in Kauf nehmen muss. Man hat eingesehen,  dass bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr richtig sind und hat sie geändert. Hier hat die Politik eine gute Rolle gespielt.

Man könnte die Bereiche Moral und Ehrlichkeit gegenüber dem Staat ebenso angehen, durch ein breit angelegtes und gut begründetes Programm : Senkung der Steuern finanziert durch mehr Ausgabendisziplin und mehr Steuerehrlichkeit. Der Staat, die Länder und Gemeinden müssen ihre Ausgabenexzesse, ihre unnötigen Prestigeprojekte dramatisch reduzieren. Sie müssen bei Steuervergehen eine Nulltoleranzpolitik einführen, wesentlich härter gegen Betrug vorgehen und die Strafen drastisch erhöhen, was höhere Steuereinnahmen zur Folge hätte. Die meisten Bürger würden dies unterstützen, wenn der Vorteil für sie, deutlich tieferere Steuern offensichtlich wäre. Und, besonders wichtig, wenn sie einen Staat erkennen können, der für sie da ist, mit dem man sich identifizieren kann, den man dann auch unterstützen kann. Ein Staat der die ehrlichen, die fleißigen, die talentierten belohnt. Und ein Staat der den wirklich Bedürftigen hilft, der in die Zukunft seiner Menschen investiert, der die Wettbewerbsfähigkeit sicherstellt. Ein Staat der sich selbst möglich klein hält, der seinen Menschen Raum gibt, der mehr auf Privatinitiativen setzt, als selbst alles vorzugeben. In einem solchen Staat wäre es doch denkbar dass die Steuerehrlichkeit wesentlich besser wäre. 

Zum Schluss noch eine kurzer Vergleich mit anderen Staaten. Sind wir Deutschen steuerehrlicher als andere, oder sind wir größere Sünder ? Ohne Daten hierzu zur Verfügung zu haben, denke ich,  dass wir uns im Mittelfeld bewegen. Staaten wie USA, Kanada, Japan, Holland und die skandinavischen Länder würde ich besser einschätzen, auf Grund einer anderen Mentalität und Moral, und auf Grund einer höheren Identifizierung seiner Bürger mit dem Staat. Wen ich schlechter einstufen würde, brauche ich wohl nicht zu erwähnen, da wir einen Teil dieser Staaten ja mit Krediten und Garantien schon unterstützen, und bei den restlichen es noch tun werden.

Rainer Henes

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